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Präzise Bildgebung und hohe Bildqualität im Hämatologie-Labor dank Mikroskop-Kamera
Exakte hämatologische Befunde erfordern viel Erfahrung und eine hervorragende Echtfarbdarstellung der zum Einsatz kommenden Kamera für die Hämatologie. Wir haben einen Experten, Herrn Dr. med. Thomas Nebe, aus dem HaeMa-Labor in Mannheim befragt, welche Erfahrungen sein Team mit der Mikroskop-Kamera GRYPHAX® ARKTUR gesammelt hat und welche Vorteile er für die hämatopathologische Diagnostik sieht.
Dr. Nebe, was sind aus Ihrer Sicht wichtige Eckpfeiler für den Einsatz Ihrer JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera für die hämatologische Morphologie?
In der Hämatologie entscheiden kleinste Farbnuancen über die Diagnose, die Färbung der Untersuchungspräparate muss präzise durchgeführt werden, sodass auch feine Abweichungen sichtbar werden. Eine herausragende Rolle spielt die Färbemethode nach Pappenheim, wobei die Wright-Färbung und die automatisierte Schnell-Färbungen für Hämatologen nur bedingt aussagekräftig sind. Eine wenig intensive Färbung zeigt die Strukturdetails nicht ausreichend kontrastreich. Der Gold-Standard für Hämatologen ist die May-Grünwald-Giemsa-Färbung nach Arthur von Pappenheim.
Weitere enorm wichtige Aspekte für den Hämatologen sind die Echt-Farbwiedergabe, der Kontrast und die Auflösung der für die Bildaufnahme verwendeten Kamera. Ein Mikroskop mit hochwertigen Objektiven (Plan-Neofluare oder Plan-Apochromate) und Kameratubus wird vorausgesetzt. Der Hämatologe diagnostiziert und schreibt seinen Befund auf Basis des Original-Mikroskopbildes, wie er es direkt durch das Okular sieht. Einsender und Empfänger des Befundes sowie potenzielle weitere Mitbeurteiler können den Bericht viel besser verstehen, wenn er sich auf das stützt, was im Bericht in Kombination mit dem aufgenommenen mikroskopischen Bild geschrieben steht. Eine Kamera für die Hämatologie sollte also neben einer hohen Auflösung eine sehr gute kontrastreiche Echtfarbdarstellung bieten, um die Datenbasis, insbesondere die der originalgetreuen Aufnahme des Mikroskopbildes, zur verlässlichen Quelle für eine nachvollziehbare Evaluation durch Einsender, Empfänger und Mitbeurteiler zu machen.
Darüber hinaus erhöht die Echt-Farbdarstellung auch die Produktivität im Labor. Die Personalkosten eines klassischen Hämatologie-Labors betragen ca. 75% der Gesamtkosten für die Analyse einer eingesandten Probe. Je schneller und besser der Hämatologe den Ausstrich dokumentieren kann, weil die Kamera schlichtweg eine präzise Farbinformation liefert, desto effizienter wird der gesamte Laborprozess, da das Heraussuchen oder Verschicken des Objektträgers entfällt.
Auf die Frage, warum Sie sich für eine JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera entschieden haben, lautete Ihre Antwort „What you get is what you see“. Wie haben Sie das genau gemeint?
Die Umkehrung von Microsofts Marketing-Statement „What you see is what you get“, als Microsoft die revolutionäre grafische Benutzeroberfläche Windows einführte, trifft aus meiner Sicht in ähnlicher Weise auf die Einführung der Jenoptik-Kamera ARKTUR in die hämatologische Mikrofotographie zu. Die mikroskopische Untersuchung von Objektträgern mit May-Grünwald-Giemsa gefärbten Ausstrichen von Blut und Knochenmark nach der von Arthur von Pappenheim vor über 100 Jahren entwickelten Methode stellt immer noch den Standard und die Grundlage hämatologischer Diagnostik dar, selbst im Zeitalter von Immunphänotypisierung, Zytogenetik, PCR und Next-Generation-Sequencing (NGS).
Bei der Beurteilung solcher Präparate im Mikroskop spielt die Erfahrung des Untersuchers eine entscheidende Rolle. Die Dokumentation und Weitergabe des Gesehenen an den behandelnden oder weiterzubildenden Kollegen sind dabei wichtige Gesichtspunkte. In den Bildatlanten der Hämatologie des letzten Jahrhunderts bildete zunächst die grafische Darstellung der Zellen von Hand eine Kunstform heraus, die erst langsam furch die klassische Fotografie ersetzt wurde. Der Einzug der digitalen Fotografie in die hämatologische Mikroskopie hat länger gedauert als erwartet und das hat mehrere Gründe.
Mit der JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera wurde ein neues und vielleicht endgültiges Niveau erreicht, weil erstmals die im Mikroskop gesehenen Details auf dem Bildschirm mit ausreichender Auflösung, korrekter Farbgebung und hinreichendem Kontrast wiedergegeben werden können. Und dies geschieht zeitnah, da der Automatikmodus nur geringe Korrekturen erfordert, wenn die Vergrößerung geändert oder Bereiche mit sehr unterschiedlicher Transparenz betrachtet werden.
Zellenproben
Welche weiteren technischen Aspekte sind aus Ihrer Perspektive ausschlaggebend?
Der Teufel steckt im Detail. Wie bereits angemerkt, die metachromatische Färbemethode der stufenweisen May-Grünwald-Giemsa-Färbelösung ist bis heute unübertroffen, v.a. durch den sog. Romanowski-Effekt dieser Farbstoff-Kombination. Versuche, sie durch Schnellfärbungen oder einstufige Färbungen (z.B. die Wright-Färbung) zu ersetzen, haben Experten nicht überzeugen können. Die Lichtquelle zur Anregung dieser Färbung – zunächst eingespiegeltes Sonnenlicht, dann Glühlampen, gefolgt von Halogenlampen (inkl. Wärme-, Blau- und Graufiltern zur Anpassung und Korrektur der Farbtemperatur) und zuletzt Leuchtdioden verschiedenen Farbspektrums bedeuten unterschiedliche Spektren bei der Anregungswellenlänge und damit Absorptionsverhalten der komplexen Farbstoffreaktion der anspruchsvollen MGG-Färbung.
Die Auswahl passender LEDs hat die Mikroskop-Hersteller in den letzten Jahren beschäftigt. Die Entwicklung der Optik eines Lichtmikroskops hat seit van Leeuwenhoek ihre Grenzen im Auflösungsvermögen durch die Wellenlänge des Lichtes – beschrieben durch Abbe. Dennoch spielt die Qualität der Objektive eine große Rolle – mit der Auswahl des verwendeten Glases (Fluorit) und der Korrektur der chromatischen Aberrationen –, die in den Linsensystemen der Plan-Apochromate ihre Perfektion erlangt hat, die aber durch die Anzahl der dafür notwendigen Linsen begrenzt wird (Kontrastverlust). Die Plan-Neofluare stellen hier einen guten Kompromiss dar. Die Faktoren Übersicht, Vergrößerung, Auflösung, Kontrast und Tiefenschärfe haben in Übereinstimmung unter den Zytologie-Experten ihr Optimum beim 63x Plan-Apo-Objektiv bei Blutausstrichen bzw. 40x bei Knochenmarkausstrichen. Dieses Bild in der richtigen Vergrößerung auf den Kamerachip abzubilden – zur optimalen Ausnutzung der Auflösung des 4K Chips mittels des Kameratubus und seiner Linse – ist der finale Beitrag der Optik zum perfekten Bild. Der Beitrag der Kondensorlinse im Mikroskop an der Bildqualität wird jedoch oft vergessen (inkl. ihrer Reinigung).
Verraten Sie uns auch noch etwas über Ihre hämatologischen Objekte?
Die Beurteilung von Blut- und Knochenmarkausstrichen trägt wesentlich zur Diagnosestellung bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen bei, da sie alle Zelllinien einschließlich ihrer Differenzierung, Reifung, Aktivierung und Apoptose berücksichtigt. Die Pappenheimfärbung ermöglicht einerseits die zytologische Unterscheidung von gesunden hämatopoetischen Zellen bei reaktiven Zuständen und andererseits ihre Abweichung von der normalen Differenzierung bei bösartiger Transformation, z.B. bei lymphatischen Neoplasien, myeloischen Dysplasien und in begrenztem Umfang bei akuten Leukämien. Worauf es ankommt, sind Unterschiede in Größe, Kern/Zytoplasma-Relation, Chromatinstruktur (violette Farbreihe) und die Zusammensetzung des Zytoplasmas mit sehr unterschiedlichen Granula (hell- und dunkelviolett, rötlich (Eosin) oder rosafarben in der Monopoese) und Proteinzusammensetzungen (Blautöne). Sie sind sprichwörtlich das Salz in der Suppe, dargestellt in einem Bild aus Knochenmark von einem Patienten mit Myelodysplasie (MDS), einer Vorerkrankung zur akuten myeloischen Leukämie (AML).
Wo die über 100 Jahre klinisch validierte Pappenheim-Färbung an ihre Grenzen gelangt, setzen neue Methoden ein wie die Immunphänotypisierung (FACS), die Zytogenetik (FISH) und die Molekulargenetik (PCR, NGS), die die Morphologie ergänzen, aber nicht ersetzen können. Bislang ist jedoch der Beitrag jedes dieser genannten spezifischeren Verfahren für sich genommen in weniger als 50% der Fälle entscheidend. Somit ist die Morphologie der wichtigste und integrativste Teil v.a. bei der Erstdiagnose hämatologischer Erkrankungen.
Wie kommt Licht ins Dunkel der Fluoreszenz-Betrachtungen beim Einsatz Ihrer JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera für die Hämatologie?
Neben der panoptischen Färbung kommen auch Fluoreszenz-Färbungen mit Antikörpern zur Anwendung. Hier spielen neben der Farbwiedergabe die Auflösung und die Lichtempfindlichkeit die tragenden Rollen. Die Anfänge digitaler Fluoreszenz-Fotografie lagen bei gekühlten Schwarz-Weiß-Kameras, wo anschließend durch die Software die Helligkeiten der getrennten Farbspektren der Mehrfarbenbilder in künstliche Farben übersetzt und danach Bilder verschiedener Filterkombinationen überlagert wurden.
Die JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera ermöglicht hier eine hervorragende Wiedergabe in Echtfarben bei kurzen Belichtungszeiten, hier bildlich dargestellt bei einer Immunfluoreszenzdarstellung von Befall eines Knochenmarks durch Chlamydophila pneumoniae (FITC-markierter monoklonaler Antikörper gegen Chlamydien-LPS (grün) und Protein-Gegenfärbung mit Evans-Blue (rot)). Die 4K-Auflösung (3840x2160) ist die Voraussetzung für die mögliche Wiedergabe der höheren Bildauflösung in der Fluoreszenz-Mikroskopie (bitte beziehen Sie sich auf die obigen Slider-Bilder). Das HDMI-Format kann mit 1920x1080 die notwenigen Details nur unzureichend darstellen. Hinzu kommt: Um die Farbechtheit zu erreichen, muss die Bildkorrektur in der Kamera und nicht auf dem Rechner erfolgen. Der Chip muss also Auflösung, Farbechtheit und Kontrast auch bei schwachen Lichtverhältnissen über einen breiten dynamischen Bereich gewährleisten.
Was schätzen Sie softwareseitig am meisten an Ihrer JENOPTIK GRYPHAX® ARKTUR Kamera?
Die Software ermöglicht dem Anwender eine direkte Ansteuerung und die Anpassung der Kamera an seine Fragestellungen. Dabei ist die Anwendung so intuitiv und einfach genug, dass man sich mit den Inhalten seiner Arbeit beschäftigen kann, statt seine wertvolle Zeit nur der Technik zu widmen, was auf dem Sektor keinesfalls selbstverständlich ist. Dies umfasst die Zeit, die für die Korrektur des Weißabgleichs und der unterschiedlichen Helligkeit zwischen den einzelnen Aufnahmen benötigt wird, einschließlich verschiedener dunkler und heller Bereiche des Gewebes (z.B. Knochenmark-Bröckelausstriche) und der Vergrößerung des Objekts bei unterschiedlicher Lichtintensität (Farbtemperatur). Diese Aufgaben werden durch einen speziellen Automatikmodus vereinfacht.
Hier ist es Jenoptik gelungen, einen guten Kompromiss zu finden. Die Weiterentwicklung von Software ist ein kontinuierlicher Prozess zwischen Kunden, Hersteller und Fachhändlern. Hier sind zuletzt ergonometrische Anpassungen an den Workflow im Labor gelungen, die dem Anwender eine Integration der mikroskopischen Bilder in seine Befunde erleichtern und barcodierte Objektträger unterstützen. Neben der Einfachheit der Bedienung ist außerdem die Stabilität für die tägliche Routine unabdingbar, insbesondere bei der Krankenversorgung. Die Hardware ist die eine Seite, die Software die andere. Letztere schließt das Risiko „Betriebssystem“ ein, welches sich fortlaufend aktualisiert und ändert wie ein bewegliches Ziel für Programmierer, und Probleme bereiten kann – wie wir alle wissen. Ich schätze die Produktphilosophie von Jenoptik einer autarken Software, die alle Treiber und Bibliotheken selbst bereitstellt. Sicher eine gute Entscheidung, wie die über zweijährige Erfahrung zeigt. Ich schätze auch die guten Beziehungen zu Mikroskop-Händlern und Laborsoftware-Lieferanten (LIS) für den wichtigen Aspekt der Software-Integration, die durch das Software Development Kit von Jenoptik unterstützt wird.