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Fünf Mythen über Blitzer – wir klären auf!
Gehasst, gefürchtet und unverstanden – kaum ein anderes Objekt des öffentlichen Raumes sieht sich so vielen Anfeindungen ausgesetzt wie der Blitzer. Er steht den vielen Vorurteilen der Öffentlichkeit gegenüber, die von Abzocke, Messfehlern, Wirkungslosigkeit, dem Aufstellen an falschen Orten, unnötiger Fehlinvestition sowie Datenschutzverletzungen handeln. Wie viel ist dran am „Mythos Blitzer“? Die folgenden Fakten zeigen die andere Seite.
, Sabine Elbers1. Achtung Blitzer! Reine Abzocke?
Eigentlich ist es ganz einfach: Keine Verkehrsverstöße, keine Bußgelder. Manch ein Autofahrer mag es anders sehen, aber bei der Verkehrsüberwachung geht es eigentlich darum zu motivieren, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und nicht darum „abzukassieren“. Flächendeckende Verkehrsüberwachung ist ein Mittel für mehr Sicherheit und Lebensqualität. Besonders für die Schutzbedürftigen: Kinder, Senioren, Radfahrer. Verkehrssicherheit ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Hier gilt nicht das Motto „freie Fahrt für freie Bürger“, sondern das Recht aller auf Unversehrtheit und das Recht auf Leben.
Verkehrsunfälle werden als isolierte Ereignisse wahrgenommen. Anders als Flugzeugabstürze sind sie keine Medienereignisse. Jeder Flugzeugabsturz zieht eine intensive Ursachenforschung nach sich, um die Forderungen der Gesellschaft nach größtmöglicher Sicherheit erfüllen zu können. Bei Straßenverkehrsunfällen 2019 in Deutschland sind rund 3.000 Menschen gestorben. Das entspricht ca. fünf Flugzeugen mit 600 Passagieren an Bord. Das Entsetzen und die Auswirkungen von fünf Flugzeugabstürzen pro Jahr wären groß! Aber bei Verkehrsunfällen?
Stationäre Geschwindigkeitsmessgeräte haben eine präventive Wirkung. Vielerorts erinnern sie uns daran vom Gas zu gehen, weil wir wissen, wo sie stehen. Sie machen uns vorsichtiger. Weil viele aber auch wieder beschleunigen, sobald sie daran vorbeigefahren sind, gibt es zusätzlich flexible Verkehrsüberwachung durch mobile Messgeräte. Nur die Unberechenbarkeit, jederzeit geblitzt werden zu können, erhöht die Vorsicht und damit die Verkehrssicherheit.
Laut WHO trägt unangepasste Geschwindigkeit weltweit in einem von drei Verkehrsunfällen dazu bei, dass ein Mensch stirbt. Die Reduzierung der Geschwindigkeit rettet Menschenleben:
- Verletzungsrisiko von Passanten bei 20 km/h: 35 Prozent
- Tötungsrisiko von Passanten bei 50 km/h: 40 Prozent
- Tötungswahrscheinlichkeit bei 70 km/h: 95 Prozent
2. Messfehler bei Blitzern? Präzision „Made in Germany !“
Exakte Messergebnisse und die verlässliche Dokumentation sind das A und O der Verkehrsüberwachung und bilden die Grundlage für die gerichtsverwertbare Ahndung der Verstöße. Wohl in keinem anderen Land der Welt wird so sehr darauf geachtet, dass die Ansprüche an die Qualität und Genauigkeit der Messtechnik sichergestellt sind, wie in Deutschland. Nach Art einer Gewaltenteilung sind mehrere Instanzen notwendig, die ein Messgerät zur Ermittlung der Geschwindigkeit durchlaufen muss, bis es zum Einsatz kommen kann: die Zulassungsbehörde, die Eichämter sowie die Hersteller. Vom Messkonzept über die Entwicklung bis zur Fertigung und letztlichem Einsatz an der Straße durchlaufen alle Geräte umfangreiche Tests.
Zunächst muss die Bauart eines Messgerätes zugelassen werden. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) überprüft dafür unter anderem das dem Gerätetyp innewohnende Messprinzip. Erst wenn die Bauart zugelassen ist, kann der Hersteller mit der Produktion beginnen. Deutsche Zulassungen bürgen auch weit über die Landesgrenzen hinaus für hohe Qualität – ein Beispiel für den Anspruch und Versprechen von „Made in Germany“.
Die Fertigung jedes einzelnen Gerätes erfolgt unter Berücksichtigung vieler Qualitätssicherungsaspekte. Hersteller sollten daher nach der Qualitätsmanagementsystem-Norm DIN EN ISO 9001 zertifiziert sein. Funktioniert das Gerät bei Einwirkung von Hitze, Kälte oder Nässe? Ist das Gehäuse ausreichend vor Erschütterungen und Manipulation geschützt? Entspricht das Gerät den erforderlichen Normen (VDE, EMV, CE)? Werden die hohen Anforderungen an die Bildqualität erfüllt? Zur Aufgabe der Hersteller zählt auch die Ausbildung der Anwender am Gerät. Schulungen und Informationsveranstaltungen stellen sicher, dass der Anwender das Gerät kennt und bedienen kann.
In regelmäßigen Abständen autorisiert das jeweils zuständige Eichamt jedes einzelne Gerät für den weiteren Einsatz. Nur Geräte, die die hohen Anforderungen erfüllen, erhalten eine Eichmarke und dürfen für amtliche Messungen im Straßenverkehr verwendet werden.
3. Blitzer aufstellen, wo’s passt? Reine Standpunktfrage !
Grundsätzlich gilt immer: Es gibt kein Recht auf zu schnelles Fahren! Selbst auf Strecken ohne Geschwindigkeitsbegrenzung gilt die Straßenverkehrsordnung. „Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.“ Manchmal versagt jedoch die Selbstkontrolle, weswegen der Gesetzgeber gefordert ist, mittels Kontrollen sicherheitsrelevante Vorschriften durchzusetzen.
Dabei geht es darum, Gefahrenstellen zu erkennen und diese mit geeigneten Maßnahmen zu entschärfen. Ministerien, Regierungspräsidenten, Landkreise und Gemeinden legen Richtlinien fest, in denen geregelt ist, wo kontrolliert wird. Polizei und Unfallkommissionen suchen vielerorts Brennpunkte im Straßenverkehr. Ganz oben auf ihrer Liste stehen Kindergärten, Schulen, Spielstraßen und Seniorenresidenzen. Aber auch Autobahnen und Landstraßen, Tunnel, Alleen und Baustellen gehören dazu.
Wo der Messplatz eingerichtet wird, entscheidet immer der staatliche Vertreter, denn die Auswahl des Messplatzes ist eine hoheitliche Aufgabe und darf nicht vom Hersteller der Geräte definiert werden.
Ein Beispiel für den Einsatz effektiver Methoden zur Verkehrsüberwachung ist das Pilotprojekt zur abschnittsweisen Geschwindigkeitskontrolle in Niedersachsen auf der Bundesstraße 6 bei Hannover. Die „Section Control” überwacht hier auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, indem sie die Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt. Der Probebetrieb läuft nunmehr seit Anfang 2020 und bislang hat es auf der Strecke keine schwerwiegenden Unfälle mehr gegeben, wie der Betreiber, das Innenministerium von Niedersachsen, nach einem halben Jahr meldete.
Allerdings registrierte die Polizei bereits mehr als 1.000 Tempoverstöße. Einige davon waren derart gravierend, dass sie neben den verhängten Bußgeldern sogar mit Fahrverboten geahndet werden mussten und das, obwohl vor dem Eintritt in die Messstrecke ein gut sichtbares Schild auf die Geschwindigkeitsmessung hinweist. Die bisherigen Ergebnisse und Beobachtungen in Bezug sowohl auf das Fahrverhalten als auch auf das Unfallgeschehen zeigen ein deutliches Plus an Verkehrssicherheit. Nach Beendigung des Probebetriebs soll entschieden werden, ob diese in Deutschland noch neuartige Messmethode in Niedersachsen in den Regelbetrieb übergehen und auch in anderen Bundesländern zum Einsatz kommen kann. Während Section Control in Österreich, der Schweiz, in Großbritannien oder auch in Kuwait längst ein Erfolgsmodell ist, bestehen in Deutschland Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes.
4. Risiko Datenschutz? Blitzer speichern nur relevante Daten!
Der Schutz der Privatsphäre ist auch bei der Verkehrsüberwachung wichtig und richtig! Alle Geschwindigkeitsmessungen sind zunächst anonym. Verkehrsteilnehmer, die die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhalten, werden nicht erfasst. Erst bei einer Überschreitung des Tempolimits werden relevante Daten für die Weiterverfolgung erhoben.
Bei der Ermittlung der Durchschnittsgeschwindigkeit besteht eine Ausnahme. Jedes Kennzeichen muss am Eingangspunkt der Messstrecke und bei der Ausfahrt verschlüsselt erfasst werden. Kennzeichen von Verkehrsteilnehmern, die die erlaubte Geschwindigkeit eingehalten haben, werden nach der Ausfahrt sofort gelöscht.
Erst bei einem Verstoß also werden relevante Daten (wie Foto, Ort, Zeit, vorgeschriebene und gemessene Geschwindigkeit, Angaben zum Messgerät) zur Weiterverfolgung erhoben. Auf dem gesamten Weg der Daten bis zum Erhalt des Bußgeldbescheids – also vom Auslösen des Fotos über die Übermittlung an die örtliche Behörde bis hin zur Auswertung – ist stets absolute Vertraulichkeit, Integrität und Sicherheit gewährleistet. In Deutschland werden Beifahrer übrigens im Beweisfoto unkenntlich gemacht. Das DEKRA-Zertifikat bescheinigt zudem Datenschutz und Datensicherheit bei allen Prozessen.
5. Blitzer sind unnötige Fehlinvestitionen? Einnahmen für alle!
Geräte zur Geschwindigkeits- oder Rotlichtüberwachung sind Investitionen in die Gesellschaft. Sie tragen zunächst präventiv zur Kostensenkung bei, indem sie Unfälle verhindern. Ihre Anschaffungs- und Betriebskosten werden oft durch Einnahmen aus Verwarn- und Bußgeldern aufgefangen. Dort, wo es besonders oft blitzt, werden Überschüsse erzielt. Schön, wenn diese dann in Zeiten knapper Haushalte in Projekte wie zum Beispiel die Sanierung von Radwegen oder die Einrichtung verkehrsberuhigter Zonen fließen.
Abgesehen von den familiären Schicksalen sind Lohnausfälle oder sogar Erwerbsunfähigkeit die schlimmsten Folgen eines Verkehrsunfalls. Unfallkosten ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Gesellschaft. Medizinische Behandlungen, Rehabilitationen und Pflegepersonal bedeuten immense Ausgaben für das Gesundheitswesen. Öffentliche Verwaltungen wie Polizei und Gerichte werden ebenfalls stark beansprucht. Bezahlen müssen letztendlich alle, da Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auch zur Finanzierung von Unfallfolgekosten dienen. Eine Studie prognostiziert: In Deutschland entstehen so zwischen 2015 und 2030 Kosten in Höhe von 49 Milliarden Euro. Weltweit sind es sogar 1,8 Billionen US-Dollar. In Verkehrssicherheit zu investieren heißt also nicht nur Menschenleben zu retten, sondern auch Folgekosten für die Allgemeinheit zu reduzieren.
Eine große Herausforderung liegt auch darin, die Gesellschaft davon zu überzeugen, dass Todesfälle im Straßenverkehr kein Preis sind, den wir zahlen müssen. Aus diesem guten Grund steht zum Abschluss noch einmal der Appell an die Eigenverantwortlichkeit der Verkehrsteilnehmer. Fahren Sie immer der Verkehrssituation angemessen und halten sich an bestehende Verkehrsregeln! Lassen Sie uns gemeinsam an einer idealen Form des Straßenverkehrs arbeiten, an einer „Vision Zero“, in der niemand mehr sein Leben verliert.
Und falls wir mit unserer Technik Ihre Straßen sicherer machen sollen, kontaktieren Sie gerne unsere Spezialisten aus dem Verkehrssicherheits-Team!
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Über Sabine Elbers
Sabine Elbers ist seit 2001 in der Kommunikation der Jenoptik-Division Smart Mobility Solutions tätig. Die studierte Sprachwissenschaftlerin nutzt ihre langjährige Erfahrung zur internen und externen Kommunikation von Themen rund um öffentliche Sicherheit sowie die Verkehrssicherheit. Als Pendlerin zwischen Wohn- und Arbeitsort erlebt sie täglich die Herausforderungen der Mobilität in einem Ballungsraum und ist sich sicher, dass es ohne Regeln und deren Durchsetzung nicht funktionieren würde.